Der Ursprung
Bereits am Anfang des Christentums stand die Astrologie. Genau genommen ist das Christentum sogar aus der Astrologie hervorgegangen. Denn vor rund 2000 Jahren glaubte man an eine große Zeitenwende - begründet dadurch, dass das Sternbild Fische nun am Frühlingsanfangspunkt verweilen sollte. Der Frühlingsanfang galt zu jener Zeit als Jahresbeginn. Er wurde mit dem Licht Gottes in Verbindung gebracht. Mit einem neuen Sternbild im Hintergrund erwartete man hier eine Art Reset für die Welt, verbunden mit der Ankunft eines Gottkönigs.
Stand der Frühlingsanfang bis dahin im Sternbild Widder, das dem kriegerischen Mars zugeordnet wurde, sollte das neue Zeitalter Eigenschaften des Fische-Zeichens bringen: Frieden, Nächstenliebe, Mitgefühl, Toleranz, Bescheidenheit, Hingabe, universelle Liebe, Erlösung und Hilfsbereitschaft. All diese Eigenschaften wurden dann auch von Jesus Christus und seinen Anhängern verkündet – deren Kennzeichen in früher Zeit bereits ein Fisch gewesen ist. Sogar im griechischen Wort für Fisch, Ichthys, sahen die Urchristen einen Hinweis auf die Ankunft von Christus, dem Erlöser. Denn es setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben der Wörter: Iesous Christos Theou Yios Soter (Jesus, Christus, Gottes Sohn, Retter).
Der Stern von Bethlehem
Der Beginn des Fische-Zeitalters der Erlösung musste außerdem durch eine besondere Sternenkonstellation angezeigt werden. Eine mit richtig hellen Sternen, die der Ankunft des Messias, des großen,
einigenden Königs würdig war. Als himmlisches Zeichen galt hier eine seltene Verschmelzung der hellsten Planeten Venus und Jupiter beim Königsstern Regulus - die es tatsächlich zu jener Zeit
gab.
Nach dieser himmlischen Vereinigung sollte dann neun Monate später der Messias auf die Welt kommen. Der exakte Zeitpunkt dafür lässt sich recherchieren bei genauerem Lesen der Bibel: Der
einigende König wurde geboren bei Aufgang "des hellen Sterns". Gefunden werden sollte er hingegen, als dieser Stern zum Stehen kam. Der hellste Stern am Himmel ist Venus. Dass es sich anhand
dieser Angaben also nur um die stationäre Stellung der Venus zur Zeit ihres heliakischen Aufgangs handeln kann, dazu gibt es eine genaue Entschlüsselung des Matthäus-Evangeliums von Dieter Koch. Passend dazu wurde Venus, wenn sie vor der Sonne aufging,
in der damaligen Zeit als Teilaspekt der Sonne und "Lichtbringer" angesehen - eine Bezeichnung, die auch auf Jesus zutrifft, der in der Offenbarung des Johannes von sich selbst als dem
"strahlenden Morgenstern" spricht.
Die Sonne als Metapher für Gottes Licht stand zu Jesu Geburt übrigens im Sternbild Jungfrau - und so wurde Gott "durch die Jungfrau" auf die Erde gebracht. Dies sollte im Land der Juden
geschehen, da es damals das einzige Land war, in dem man bereits an den einen, einigenden Gott und an die Ankunft eines Messias glaubte.
All diese Prophezeiungen und astrologischen Berechnungen waren es dann auch, die die drei Weisen aus dem Morgenland dazu veranlassten, sich auf die Reise zu begeben, um den Messias aufzusuchen.
Die gerne als "drei Könige" bezeichneten Weisen waren in Wirklichkeit aber sicher keine Könige, sondern höchstwahrscheinlich persische, vielleicht auch chaldäische Astrologen. Ganz gezielt
suchten sie nach dem einigenden Gottkönig, um ihn zu unterweisen. Als "Sterndeuter" wurden sie außerdem im Matthäus-Evangelium beschrieben.
Die 12 Apostel und die vier Evangelisten
Wie wir gesehen haben, wurde Jesus ursprünglich als Mensch gewordenes göttliches Licht und in gewissem Sinne als Personifizierung der Sonne gesehen. Die Sonne durchläuft im Jahreskreis insgesamt 12 Tierkreiszeichen, das heißt 12 Phasen mit 12 wichtigen Themen. Es ist daher kein Zufall, dass Jesus ausgerechnet 12 Apostel hatte. Sehr eindrucksvoll werden diese in Verbindung mit den ihnen zugeschriebenen Tierkreis-Eigenschaften auf Leonardo da Vincis Abendmahl dargestellt.
Zusätzlich verkörpern die vier Evangelisten astrologische Themen. Denn ihre Symbole sind identisch mit den festen Zeichen im Tierkreis: Löwe, Stier, Wassermann und Skorpion - dargestellt als Löwe, Stier, Mensch und Adler. Letzterer stand für hohe Bewusstheit und wurde unter anderem wegen seines punktgenauen Blicks als Entsprechung für den Skorpion verwendet.
Christliche Feste und Wendepunkte im Jahreskreis
Auch im weiteren Verlauf der Geschichte spielte die Astrologie eine große Rolle in der Entwicklung der christlichen Religion. So sind zum Beispiel viele wichtige
christliche Jahresfeste wie Weihnachten, Johanni, Allerheiligen oder Lichtmess an den Eckpunkten im Tierkreis ausgerichtet worden - vor allem an den Tagundnachtgleichen sowie den
Sonnwendpunkten.
Der 25. Dezember kurz nach der Wintersonnenwende wurde dabei schon in vorchristlicher Zeit als die Geburt
der Sonne, die Geburt Gottes verstanden und zelebriert. Erst später wurde dieser Tag dann auch von christlicher Seite zum Tag von Jesu Geburt ernannt, wobei in Wirklichkeit wohl niemand wusste,
wann Jesus tatsächlich auf die Welt gekommen war.
In Anlehnung an die kulturell seit jeher wichtigen Eckpunkte im Jahreskreis gilt außerdem die Herbsttagundnachtgleiche als Zeit der Zeugung Johannes’ des Täufers,
der dann neun Monate später zur Sommersonnwende Geburtstag hat. Dass hier kurz nach dem exakten Wendetag gefeiert wird, liegt indes daran, dass die Sonnwende erst dann wahrgenommen werden kann.
Um derartige Eckpunkte im Jahreskreis zu beobachten, wurden übrigens bereits vor rund 7000 Jahren Sternwarten gebaut. Religiöse Feste im Einklang mit dem Jahreslauf waren also schon in
vorchristlicher Zeit tief in fast jeder Kultur verankert - und wurden dann von der Kirche adaptiert.
Unser Osterfest basiert dabei gleich auf zwei astrologischen Ereignissen. Das erste ist die
Tagundnachtgleiche im März, wenn die Tage wieder länger werden als die Nächte, in der Kirche festgelegt auf den 21. März. In der Astrologie finden wir hier den Frühlingsanfangspunkt und den
Beginn des Tierkreises. Er gilt seit alten Zeiten als Sieg des Tages über die Nacht, als Auferstehung des Lebens, des göttlichen Lichtes. Das zweite astronomische Ereignis, das für unser
Osterdatum ausschlaggebend ist, ist dann der Vollmond nach Frühlingsbeginn - woraufhin der folgende Sonntag als Ostersonntag gefeiert wird.
Der Einstieg in das dunkelste Quartal des Jahres wurde hingegen bei den Kelten, deren spirituelle Kultur in vorchristlicher Zeit weite Teile Europas prägte, als
wichtiger Feiertag zelebriert. An diesem Tag wurde nämlich mit den Ahnen Verbindung aufgenommen, um das neue Jahr zu besprechen. Noch heute haben wir ihm Allerheiligen zu verdanken, und in der
Folge Halloween, "All Hallows Eve". Aber auch Lichtmess, wenn im Februar das dunkelste Quartal des Jahres abgeschlossen ist und das sogenannte Bauernjahr beginnt, ist auf jeden Fall traditionell
eher astrologisch begründet als christlich.
Astrologie in Kirchen
Wer sich mit offenen Augen durch die Welt bewegt, wird feststellen, dass die Astrologie in der christlichen Kunst und in der kirchlichen Architektur allgegenwärtig ist. Jahreskreis-Mandalas oder die vier Tierkreiszeichen der Evangelisten finden wir hier fast überall. In vielen Kirchen gibt es auch ganz konkrete Tierkreis-Darstellungen.
Besondere Schmuckstücke sind die astrologischen Uhren, die in einigen alten Kirchen noch zu finden sind.
Auf der Uhr in der Marienkirche von Rostock werden zum Beispiel die Tierkreiszeichen mit den Positionen von Sonne und Mond, die Mondphasen, die Mondknoten zur Berechnung von Sonnen- und Mondfinsternissen und sogar die Planetenstunden dargestellt. Genau genommen sind diese Uhren Live-Horoskope in Kirchen!
Astrologie im Einklang mit Gott
Ob es wirklich jemals ein Fische-Zeitalter der Erlösung gegeben hat, das ist vor allem eine Frage des Glaubens. Auf jeden Fall würde es das Christentum ohne Astrologie wohl gar nicht geben. Dennoch sind sich viele Christen ihrer astrologischen Herkunft nicht bewusst und meinen sogar, sie könnten durch Astrologie vom rechten Pfad abkommen ...
Verstehen wir Gott jedoch als höhere Ordnung, als himmlische Macht und als kosmisches Gefüge, so dürfte er sich ganz besonders in den himmlischen Konstellationen zeigen, deren Rhythmen harmonisch aufeinander abgestimmt sind. An welcher Stelle wir stehen in diesem göttlichen Gefüge, welche Aufgaben uns aufgetragen worden sind und welche Talente wir mitbekommen haben, das zeigt uns dann die Astrologie. Was wir daraus gestalten, müssen wir dennoch selbst entscheiden, mit unserem eigenen Gewissen vereinbaren. Ein verantwortungsvoll erstelltes Horoskop hilft uns hier auf jeden Fall, die eigene Mitte, den höheren Sinn und schließlich auch den Einklang mit Gott zu finden.