Sternbilder und Tierkreiszeichen


Gern verwechselt und doch ein großer Unterschied


Das Band der Tierkreiszeichen und dahinter die Sternbilder im Jahr 2019

Schon immer war der Jahresrhythmus Grundlage für den Tierkreis. Weil man aber in der Antike noch glaubte, die Jahreszeiten kämen von den Sternen, wurden 12 Sternbilder hinter der Sonnenbahn nach Abschnitten des Jahres benannt. Bald darauf erkannte man jedoch, dass die Sternbilder sich im Jahreslauf ganz langsam verschieben. Darum wurde der astrologische Tierkreis entwickelt. Und der basiert, unabhängig von den Sternen, auf den Jahreszeiten.

 

Fälschlich werden die Tierkreiszeichen in der Umgangssprache "Sternzeichen" genannt, ein Relikt aus der Antike. Tatsächlich haben sie aber ebenso wenig mit Sternen zu tun, wie Astronauten auf Sternen landen. Denn in Wirklichkeit sind die Tierkreiszeichen einfach nur zwölf Monate im Jahreslauf, beginnend mit dem Frühlingspunkt.

 

Allerdings wurden früher gerne die Sterne als Markierung für wichtige Termine im Jahreslauf genutzt. Besonders beachtet wurden zudem schon immer die Sonnwenden und die Tagundnachtgleichen, die in fast allen Kulturen zu allen Zeiten eine große Rolle gespielt haben, auch hier und heute zum Beispiel als Ausgangspunkt für die christlichen Jahresfeste.

 

Der astrologische Tierkreis basiert daher auf den Sonnwenden und den Tagundnachtgleichen. Er wird in der Fachsprache "tropischer" Tierkreis genannt. Das leitet sich ab vom griechischen τρόποι, trópoi, was "Wendungen, Wendepunkte" bedeutet. Sternbilder gibt es in diesem Tierkreis definitiv nicht.


Tropischer Tierkreis: Die Wendepunkte im Jahreslauf legen fest, wann die Tierkreiszeichen beginnen. © Christine Keidel-Joura
Die Wendepunkte im Jahreslauf legen fest, wann die Tierkreiszeichen beginnen. © Christine Keidel-Joura

In der Antike aber glaubte man ja zunächst, die Sterne brächten die Jahreszeiten. Und so wurden die wichtigsten Themen der zwölf Monate auf jene zwölf Sternbilder projiziert, durch die Sonne im Lauf des Jahres wandert. Sie erhielten zudem dieselben Namen wie die Tierkreiszeichen, werden aber "siderische" Sternzeichen genannt, was sich ableitet vom lateinischen sidus, dem Wort für "Stern".  Und was bei Laien gerne mal für Verwirrung sorgt.

 

So behaupten tatsächlich manche Menschen, der Tierkreis mit den Sternbildern sei der originale. Leider ist das falsch. Denn noch ursprünglicher stammt auch dieser aus dem jahreszeitlichen Kontext:


Bei den Sumerern zum Beispiel galt der Skorpion mit Antares als Tor zum schattigen Halbjahr, weil er sich damals am Punkt der Herbsttagundnachtgleiche befand. Später bei den Griechen stand er dann für den fortschreitenden Herbst. Kein Wunder, war das Sternbild doch im Lauf der Jahrhunderte genau in den Bereich dieser Jahrezeit gewandert.
 
Jahreszeitliche Themen wurden in der Antike auch im Sternbild Schütze gesehen. Hier fällt es ja selbst mit blühender Phantasie sehr schwer, in den Sternen einen reitenden Schützen zu vermuten. Viel eher lässt sich in ihnen eine Teekanne erkennen. Die Inder sehen in ihm hingegen den Kopf von Ganesha. Dass das Sternbild nach einem Schützen benannt wurde, erschließt sich jedoch, wenn wir wissen, dass es damals immer dann von der Sonne durchwandert wurde, wenn Hauptjagdsaison war.


Das Sternbild Schütze sieht eher wie ein Teekännchen aus
Das Sternbild Schütze sieht eher wie ein Teekännchen aus

Ein nächster jahreszeitlicher Ursprung lässt sich beim Sternbild Steinbock feststellen, das ebenfalls am Himmel nicht unbedingt wie ein Steinbock aussieht. Zur Zeit seiner Benennung wurde es von der Sonne durchwandert, als der kalte, von Saturn beherrschte Abschnitt des Jahres begann. Dass es in vielen Kulturen als Ziegenfisch dargestellt wird, liegt unter anderem daran, dass seine Form ein wenig an die einer Fischreuse erinnert. Als eine Art Fisch wurde es aber vor allem auch deswegen verstanden, weil in den Heimatländern der Astrologie mit dem Steinbock im Winter die regenreiche Jahreszeit begann. Und die setzte sich fort bis ungefähr zum März, weswegen dann die folgenden Sternbilder Wassermann, Fische und Südlicher Fisch ebenfalls mit dem Element Wasser in Verbindung gebracht wurden. Sie alle bestehen aus relativ lichtschwachen Sternen, und aus deren Figurationen sich wieder nur mit blühender Phantasie die ihnen zugeschriebenen Sternbilder erkennen lassen.

 

Kommen wir nun zum Sternbild Widder, das ebenfalls am Himmel nicht gerade wie ein Widder aussieht. Es hat, wen wundert es noch, seinen Namen aus dem jahreszeitlichen Kontext, denn es wurde nach dem Pessach-Fest benannt, ein wichtiges Jahresfest zum ersten Frühlingsvollmond, an dem im vorderasiatischen Raum traditionell ein Lammbock geopfert wurde. Insbesondere der eher unauffällige Stern Botein scheint im Sternbild Widder von starker Bedeutung zu sein, wahrscheinlich weil er sich sehr nah bei der Ekliptik befindet. Erfahrungsgemäß steht er für häufig für größere Reisen, hat also eine ganz eigene Bedeutung, die nichts mit dem Widder zu tun hat.


Weiter geht es mit dem Stier, vermutlich das älteste bekannte Sternbild, zumindest im europäischen Raum. Bereits in den Höhlenmalereien von Lascaux taucht es auf. Hier zeigt es nicht nur, über welche Kunstfertigkeit die Menschen bereits vor rund 17000 Jahren verfügten. Es verrät auch einiges über deren astronomisches Wissen. Vor allem die Plejaden direkt über dem Stier wurden in alten Kulturen verehrt. Unter anderem wurde in ihnen eine Art Heimat der sieben Planetengötter gesehen. In der griechischen Mythologie galten die Plejaden hingegen als schöne junge Frauen, die von Orion gestalkt wurden, da er am Himmel hinter ihnen her läuft. Und tatsächlich werden Menschen, die unter den Plejaden geboren wurden, von äußeren Umständen oft förmlich verfolgt. Auch andere Sterne im Stier haben astrologisch erkennbare Bedeutung. Am ehesten zeigen sie Eigenschaften, die wir dem Planeten Mars zuschreiben würden. Falsch wird der Stier jedoch in der Sternbilder-Astrologie gedeutet wie das gleichnamige Tierkreiszeichen, das von Venus beherrscht wird.


Das Sternbild Stier aus Urania's Mirror, 1824

Wir sehen also, dass es astrologisch gelegentlich sinnvoll sein kann, Fixsterne in die Deutung mit einzubeziehen. Sie stehen jedoch für andere Eigenschaften als die der Monate des Jahres, welche einst auf Sternbilder projiziert wurden.

 

Zudem erkannten unterschiedliche Kulturen ganz andere Bilder in den Konstellationen der Sterne. Die Zwillinge zum Beispiel, deren Sterne Kastor und Pollux recht hell am Himmel leuchten, wurden in vielen Kulturen gar nicht als Zwillingspaar verstanden. Die Maya sahen hier den Himmelsgott Itzamna, die Lakota eine Bärenhütte. Im Alten Ägypten galten Kastor und Pollux als himmlisches Paar, vermutlich Schu und Tefnut. In der griechischen Mythologie sind sie hingegen als unzertrennliche Zwillingsbrüder bekannt. Natürlich, denn damals befand sich dieses Sternbild im tropischen Tierkreiszeichen Zwillinge. Und so wurden dem Sternbild Eigenschaften wie Kontakt mit Geschwistern und brüderliche Beziehungen angedichtet, die wir im Tierkreiszeichen Zwillinge häufig finden. In der Praxis der Fixsterndeutung erscheinen Kastor und Pollux hingegen dominant bei sehr zielstrebigen Personen, Aktionen und Ereignissen. Wie in der Mythologie steht Kastor hier eher mit tragischen Menschen in Verbindung. Sein göttlicher Bruder Pollux indes bringt Charisma, Führungseigenschaften und Schlagkräftigkeit mit sich.

Das Sternbild Krebs war zunächst im Alten Ägypten bekannt als Schildkröte. Es stand damals noch weitgehend im Tierkreiszeichen Stier, zu dem die ruhige und erdverbundene Schildkröte recht gut passt. Später wanderte das Sternbild dann in die Zwillinge. Da wurde in ihm ein fleißiger Skarabäus gesehen. Beim Eintritt in das Zeichen Krebs, das zeitgleich mit der Nilschwemme beginnt, wurde das Sternbild schließlich in ein Wassertier umbenannt und erhielt seinen heutigen Namen Krebs.

Ein Löwe wurde seit alten Zeiten in allen vorderasiatischen Kulturen aus den Sternen im Sternbild Löwe gesehen. Die Ägypter verwendeten hier aber nur den Rumpf des Löwen, während die sichelförmig angeordneten Sterne aus dem Kopf des Löwen für sie ein Messer darstellten. Auch sie deuteten das Sternbild vor allem nach der Jahreszeit - in der die Löwen auf der Flucht vor der größten Sommerhitze aus der Wüste an die Ufer des Nils kamen. Die astrologische Forschung lässt dabei erkennen: Sterne aus dem Löwen finden sich auffällig häufig in den Horoskopen von instinktsicheren, kraftvollen, dominanten Menschen. In diesem Sinne stimmt die Bedeutung des Löwenhaften tatsächlich mal mit der Aussage des Sternbildes überein.

 

Sehr beliebig wurde das Sternbild Jungfrau in der Deutung verwendet: Als es sich noch im Tierkreiszeichen Löwe befand, wurde in ihm die allmächtige Mutter und königliche Göttin verehrt, die nahezu alle großen Göttinnen in sich vereinte. Einige Jahrhunderte später im jahreszeitlichen Abschnitt der Jungfrau angekommen, wurde aus diesem Sternbild dann Demeter, mit einer Kornähre in der Hand. Sie galt als Göttin der fruchtbaren Erde, des Anbaus und der Ernte. Die aus ihr hervorgegangene Tochter Persephone hingegen verweilt eine Hälfte des Jahres in der hellen Tagwelt und die andere Hälfte des Jahres in der dunklen Unterwelt, der Nachtwelt. Halb Tag und halb Nacht: Dasselbe gilt auch für die Herbsttagundnachtgleiche, auf die sich das Sternbild nun zubewegt hatte. Hier beginnt zudem das Tierkreiszeichen Waage, das in der Astrologie für gerechten Ausgleich steht. Je mehr das Sternbild Jungfrau dann in die Waage wanderte, sah man in ihm schließlich Dike, die Göttin der Gerechtigkeit. Bei den Römern war sie bekannt als Justitia. Sie wird dargestellt als junge Frau, die eine Waage in der Hand hält, mit der sie das richtige Maß für beide Seiten einteilt.


Seit sich die Jungfrau in der Waage befindet, also seit der späten Antike, gibt es übrigens den vollständig entwickelten tropischen Tierkreis. Hier ist die Waage das einzige Zeichen, das einen abstrakten Gegenstand und kein Lebewesen darstellt. Passend dazu ist auch der nun entstandene Tierkreis abstrakt, denn er besteht nicht aus Sternen, sondern orientiert sich wie die Waage an der Tagundnachtgleiche.